Ich habe ein neues Werkzeug – oder Spielzeug – nicht nur für Häuslebauer: die Wärmebildkamera FLIR One for Android Devices.
Die FLIR One der ersten Generation funktioniert nur mit dem iPhone 5, die Flir One der zweiten Generation steckt man einfach ans Handy – es gibt eine Android und eine iOS Version – und schon kann man Wärmebilder aufnehmen. Vor dem Anstecken installiert man sich noch die FLIR One App aus dem Google Play Store oder Apple App Store. Dafür hat man aktuell viel Zeit, da offensichtlich auch viele andere das
Spielzeug Werkzeug bestellt haben. Ich habe meine FLIR One für Android am 28.7. bestellt und nach x Lieferverzögerungen erst am 30.10. erhalten, da der Hersteller den Bedarf wohl völlig unterschätzt hat.
Die FLIR One hat wie man auf dem Foto oben sehen kann zwei „Augen“: Die Wärmebildkamera und zusätzlich eine einfache normale Kamera. Beide nehmen gleichzeitig ein „Foto“ auf:
Daraus erstellt die Kamera – und auf dem PC die kostenlosen FLIR Tools – ein „gemischtes“ Bild, auf dem man Details deutlich genauer erkennen kann:
(Wie immer hier im Blog kann man die Fotos größer ansehen, indem man auf’s Foto klickt. Bei Bedarf kann ich auch gern die Originaldateien zur Verfügung stellen.)
Aber wofür kann man so eine kleine Wärmebildkamera im Haus brauchen? Hier ein paar Beispiele:
Kellerdämmung
Dank WireGate und 1-Wire Temperaturfühlern hatte ich den begründeten Verdacht, dass mein Haus nicht ausreichend gegenüber dem kalten Keller gedämmt ist. Ja, die Handwerker haben wie vereinbart die Kellerdecke gedämmt, nach etwas „Motivation“ dann auch noch die Warmwasserrohre, die durch den Keller laufen… Aber die beiden Räume über dem oberen Keller – Gästezimmer und Gästebad – wurden laut Temperaturfühlern in den Lichtschaltern einfach nicht warm, fühlten sich aber doch ganz schön warm an.
Mein Verdacht: Durch die Wand im Keller zieht es „wie Hechtsuppe“ in die eigentlich warmen Wände im Erdgeschoss und die Temperaturfühler hinter den Lichtschaltern messen die Temperatur in den Wänden, nicht die Raumtemperatur. Wobei die falsche Messung nicht mal das größte Problem ist: Da geht vermutlich viel Wärme verloren in den kalten Keller.
Wie sieht das ganze nun jetzt mit der FLIR aus?
Das schaut wirklich nicht gut aus: Die niedrigste Temperatur auf dem Foto beträgt etwa 12,3 Grad Celsius – rechts an der schrägen Dämmplatte unter der Treppe, die wärmsten Stellen haben 16,4 Grad an der gemauerten Wand zum Badezimmer. Klar, die kleine Amateur-Wärmebildkamera schätzt die Temperaturen, die Abweichungen sind unter anderem je nach Material und Reflektion recht hoch. Aber ich werde die Wand definitiv dämmen und mir das ganze dann nochmal ansehen.
Wandheizung
Wandheizungen sind sehr cool – ähm, falsche Wortwahl: genial 🙂 Wobei Wand- wie Fußbodenheizungen schnell „cool“ werden, wenn man sie anbohrt oder Nägel reinhaut…
Klar kann man in der Bauphase 1001 Foto mit Zollstock machen, genau protokollieren wo die Wandheizung verläuft – um dann beim Bohren doch Schweiß auf der Stirn zu haben, weil 10-20 cm Abstand der Heizschlangen verflixt knapp ist um den Bohrer dazwischen anzusetzen. Und natürlich nach dem Verputzen oder neuem Bodenaufbau auch kein Maß aus den Fotos stimmt… Es gibt Thermofolie die sich bei Wärme verfärbt und mit der man die Heizschlangen erkennen kann. Die Folien sind bei praktischer Größe aber relativ teuer und mal eben auf die Wand halten und gleich einen Nagel einschlagen – so schnell geht das nicht.
Links habe ich mit den FLIR Tools das Kamerabild mit dem Wärmebild überlagert, damit kann man sehr gut sehen wo die Schlangen verlaufen. Auf dem rechten Foto sieht man recht ungewöhnliche Verläufe links an der Fensterbank: Da hatten die Heizungsbauer die Heizschlangen zu nah am Fenster verlegt – und prompt gab’s ein Leck beim Einbau des Fensters… mit Wärmebildkamera wäre das vielleicht nicht passiert.
Links habe ich einfach mit der Kamera nachgesehen wo die Heizschlangen verlaufen, habe den Zeigefinger einen Moment an der Stelle auf die Wand gelegt wo der Nagel „rein“ soll – Finger wieder weg: Schon sieht man am „thermischen Fingerabdruck“, dass das Loch genau zwischen den Schlangen liegt. Hoffentlich muss ich nicht irgendwann mal bloggen, dass ich doch ein Leck in die Wandheizung gebohrt habe… 🙂
Heizverteiler
Beim Rumspielen Analysieren der Wandheizung ist mir aufgefallen, dass ich einige Heizschlangen sehr gut sehe – andere kaum oder gar nicht. Das liegt einerseits daran, dass man für ein ausreichendes „Delta-T“ sorgen muss: Die Wärmebildkamera funktioniert besser, wenn die Temperaturdifferenz hoch ist. Ist das ganze Haus stabil auf 21 Grad temperiert und die Heizschlangen sind nur wenig wärmer, gibt’s nur Matsch zu sehen. Kühlt man den Raum vorher ab und dreht dann die Heizung auf „volle Pulle“, sieht man die Heizschlangen viel besser. Da die Rücklauftemperatur niedriger ist als die Vorlauftemperatur, sieht man den Rücklauf ebenfalls schlechter.
Schauen wir doch mal in den Heizverteiler, vielleicht klemmt ja auch nach der Sommerpause wieder ein Ventil:
Meine Stellantriebe für die Fußboden- und Wandheizung öffnen wenn Strom anliegt (gibt’s auch andersherum). Dazu wird der Antrieb aufgeheizt und öffnet das Ventil. Im Foto sieht man sehr gut, welche Antriebe gerade sehr hell – also heiß und offen – sind. Die Stelltriebe sitzen auf dem Rücklauf, der auf dem Foto bei fast allen Heizkreisen deutlich kühler ist als der Vorlauf. Ob alles so funktioniert wie geplant muss ich mir mal in Ruhe ansehen – mit der Wärmebildkamera wird’s viel einfacher als vorher.
ecoPower Abwärme
Mein Heizungsraum ist perfekt zum Tomaten-Nachreifen, da das ecoPower viel Wärme abstrahlt. Klar, könnte man mit einem Thermometer messen, mit der Kamera macht’s mehr Spaß ist es zwar etwas ungenauer, aber leichter zu erkennen wo die wärmsten Stellen sind:
Logisch: Am Lüftungsauslass wird das kleine BHKW am wärmsten – aber dass es Stellen am Gehäuse gibt die mehr als 50 Grad warm sind finde ich nicht soooo toll…
Haustür-Dämmung
Unten an der Haustür fehlt noch die Dämmung zum warmen Bodenaufbau mit Fußbodenheizung – und offensichtlich muss ich mir die linke Seite auch nochmal genauer ansehen.
Weitere Spielereien
Hand kurz auf die Wand legen, Hand weg: Handabdruck noch da. Der Ingenieur weiß wie es geht und grinst trotzdem weil’s einfach eine nette Spielerei ist 😉
Die Markuskirche spiegelt sich im Tor – wobei man die Kirche nur auf der Thermographie sieht, auf dem „normalen“ Foto ist sie nicht zu sehen.
Spielzeug oder Werkzeug?
Eine Wärmebildkamera für unter 300 Euro kann sicher nicht die gleiche Leistung bringen wie eine professionelle Kamera für mehrere tausend Euro. Aber es ist erstaunlich, was das kleine Spielzeug / Werkzeug kann. Ich konnte damit einige Stellen im Haus finden, an denen ich bald arbeiten muss – und jetzt traue ich mich auch endlich Bilder an die Wände mit Wandheizung zu hängen 🙂
[…] aber nach den „Ich werf‘ den Putz mit der Kelle an die Wand“-Versuchen am Treppenabgang (im Bereich Kellerdämmung) habe ich keine Fotos gemacht (war zu peinlich, 2/3 Putz auf dem Boden oder im Gesicht…). Für […]